online auf maz.de 16.03.2021, Artikel von Jürgen Ohlwein
Sie wollen etwas für ihr Zuhause tun – Netzwerk „Lebendige Dörfer Havelland“ sucht Mitstreiter – Initiative unter brandenburgischem Dachverein gegründet
Havelland. Die ländlichen Räume und insbesondere die Dörfer würden in der Politik kaum ins Gewicht fallen – das zumindest fühlen manche Menschen, die in den Dörfern leben. Sie fühlen sich abgehängt und unverstanden. So auch in den havelländischen Dörfern und Gemeinden. Um dem entgegenzuwirken, hat sich unter dem Dachverein Dorfbewegung Brandenburg das Netzwerk „Lebendige Dörfer Havelland“ gegründet.
„Wir wollen neben eigener Projektarbeit vor allem auch initiierend und koordinierend tätig sein. Die eigentlichen „Macher“ sind die Menschen in den Dörfern“, sagt Marcus Kolodziej, Stadt- und Regionalplaner und ehemaliger LEADER-Regionalmanager im Havelland. „Das Netzwerk ’Lebendige Dörfer Havelland‘ möchte die Dorfgemeinschaften darin stärken, ihre eigenen Potenziale zu entfalten und in lokaler und regionaler Vernetzung ihre Erfahrungen auszutauschen, um voneinander zu lernen.“
Ein wichtiger Punkt dabei ist es, die politische Entscheider zu erreichen und von der Arbeit des Netzwerkes zu überzeugen. Die Sicherung der Teilhabe in den Dörfern und der politische Dialog seien zwei zentrale Punkte der Netzwerk-Arbeit. Die Ansätze und Ziele der Initiative sollen in die Kommunen und in den Kreistag getragen werden. So könnten Hauptamt – politische Akteure – und Ehrenamt zusammenkommen. „Wir streben Partnerschaften an, aus denen heraus win-win-Situationen entstehen“, so Marcus Kolodziej.
Für die Arbeit des Netzwerkes sind natürlich die Menschen in den Dörfern und Gemeinden das wichtigste Potenzial. „Wir müssen die Menschen dazu animieren, die Gestaltung ihres Lebensumfeldes selbst in die Hand zu nehmen. Die Menschen müssen in ihren Dörfern selbst aktiv werden und Verantwortung übernehmen“, erzählt Olga Bowgierd. Die gebürtige Polin ist aus Berlin nach Möthlow gezogen. Dort hat sie ein Haus gebaut. Die ehemalige Mitarbeiterin der Wirtschaftsfördergesellschaft im Landkreis Märkisch-Oderland unterstützt das Netzwerk bei der Online-Arbeit. Durch ihre Berufserfahrung ist Olga Bowgierd auch sehr erfahren in der Beantragung von Fördermitteln. Mit ihrem Verein DWAI hat Olga Bowgierd auch in Möthlow schon einiges erreicht.
Vieles geschieht ja auch schon in den Dörfern im Havelland. So setzt sich Volker Schönfeld sehr engagiert für das kulturelle Leben in Möthlow ein. Volker Schönfeld ist der Ortsvorsteher in dem Dorf. „Es wäre schön, wenn in Zukunft mehr Leute die Verantwortung in ihrem Wohnort übernehmen würden und mithelfen, ihn attraktiver zu gestalten. Das Zuhause endet nicht am Gartenzaun“, bedauert er aktuell die hin und wieder fehlende Unterstützung.
Trotzdem hat sich in dem kleinen Ort Möthlow auch schon viel entwickelt. Im Moment wird gerade das Gemeindehaus saniert. Auch der Gemeinde- platz mit einer Spielfläche machen den Ort attraktiver für junge Familien.
Sehr engagiert im Havelland ist auch Dagmar Möller, Ortsvorsteherin aus Zootzen. Sie engagiert sich in der LAG Havelland und im Innovationsbündnis Havelland, um nur einige Aktivitäten zu nennen. Sie ist Netzwerkerin mit Leib und Seele. Ihre Erfahrung wird dem Aktionsbündnis sicher guttun.
„Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg! Wir müssen die Menschen in unseren Dörfern erreichen und abholen. Die Menschen haben ja viele Ideen. Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden. Meistens scheitert es aber an der Umsetzung. Hier müssen wir ansetzen“, so Dagmar Möller.
Um als Sprachrohr der Dörfer in der Politik auf offene Ohren zu treffen, müsse man gut aufgestellt sein, wie die Initiatoren des Netzwerkes „Le- bendige Dörfer Havelland“. Ein wichtiger Faktor ist hier der starke Dachverband „Dorfbewegung Brandenburg“.
Die ’Dorfbewegung Brandenburg’ wurde 2015 gegründet. Dorfbewegungen gibt es in anderen europäischen Ländern bereits seit den 1980er Jahren. Das erste Parlament der Dörfer in Brandenburg ist für den 12. Juni 2021 an der Heimvolkshochschule am Seddiner See geplant. Es ist ein Pilotprojekt für ganz Deutschland. Im ‚Parlament der Dörfer‘ können die Anliegen der Menschen aus den Dörfern stärker ins Bewusstsein der Politik gerückt werden. So ist zumindest die Hoffnung. „Auch der Austausch der Dörfer untereinander ist ein wichtiger Faktor, um das Leben in den Dörfern attraktiver zu gestalten“, so Marcus Kolodziej.
Im Moment hat das Netzwerk „Lebendige Dörfer Havelland“ 15 aktive Mitstreiter. Alle Netzwerker der Havelländer Gruppe freuen sich schon auf ein ganz besonderes Ereignis. Am 29. Mai dieses Jahres soll das erste Regionale Dörfertreffen im Havelland im Dorfgemeinschaftshaus in Senzke stattfinden.
„Zu dem Dörfertreffen laden wir die ehrenamtlichen Ortsvorsteher und Gemeindebürgermeister und die weiteren aktiven Dorfakteure, vor allem aus den Vereinen, sowie die politischen Entscheidungsträger im Landkreis Havelland herzlich ein. Die Veranstaltung wird ein Meilenstein unserer Arbeit sein. Es werden Delegierte für das Parlament der Dörfer‘ entsandt“, erklärt Marcus Kolodziej.
Viele Ideen, wie man die Attraktivität des eigenen Dorfes erhöht, schwirren auch schon in den Köpfen der Netzwerker herum. Sie reichen von einem Dorfgemeinschaftshaus mit wechselnden, mobilen Dienstleistungs- Angeboten von Arzt, Friseur, Fußpfleger und anderem bis zu einem CarSharing-Angebot mit einem E-Auto für Menschen in den Dörfern.
Im Moment befindet sich das Netzwerk, was die Ausrichtung und Zielfindung betrifft, noch in der Anfangsphase. Deshalb sucht die Initiative nach weiteren aktiven Mitstreitern, die ihr Wohn- und Lebensumfeld mit gestalten wollen. Wer Lust hat, findet Informationen unter der Website der Dorfbewegung Brandenburg oder auf der Facebookseite des Netzwerks „Lebendige Dörfer Havelland“. Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann das über die E-Mail-Adresse: havelland@lebendige-doerfer.de, tun.
Für Olga Bowgierd ist eines ganz klar, dass sie sich für ihr Dorf und auch die anderen Dörfer in der Region engagieren muss, wenn sie dort attraktivere Lebensbedingungen möchte: „Ich kann nicht zu Hause sitzen, weil es noch so viel zu tun gibt“.